Zeckenimpfung

Wie gefährlich sind Zecken wirklich?

Quelle:
Der Standard, Wien, 12. April 2007
http://derstandard.at/?url=/?id=2839822

Die Zeckenimpfung ist in Österreich ein hervorragendes Geschäft für Pharmafirmen, Ärzte und Apotheker – der Kundenstrom versiegt dank Dauerkampagen nicht. Eine Kamerafahrt über einen Kinderspielplatz, in Bodennähe, unruhig, suchend, wie ein Raubtier auf der Jagd. Dazu bedrohliche Spannungsmusik und eine Stimme aus dem Off, die von einem angefallenen Kind berichtet. Was wie der Vorspann eines Thrillers wirkt, ist ein Werbespot für die Zeckenimpfung.

Aber der Spot weist einen Schönheitsfehler auf: Zecken jagen nicht. Sie sitzen meist am Ende eines Grashalmes und warten monatelang stupide und regungslos, bis irgendwann mal ein Säugetier vorbei geht. Die Dramatik des Werbespots hätten Zecken wohl gerne in ihrem Leben.
manipulativ, das ist ihr Job. Im Falle eines Pharmapräparats sollte man das aber nicht mit einem
Achselzucken zur Kenntnis nehmen.

Hinter dem Spot steckt ein Millionengeschäft. Big Business. Angeblich sind in Österreich 88 Prozent der Menschen FSME-geimpft, bei immerhin rund sechzig Prozent soll die letzte Impfung weniger als fünf Jahre her sein. Genauere Zahlen, etwa wie viele Impfungen jährlich durchgeführt werden, sind nicht zu erhalten. Die ARGE Gesundheitsvorsorge, die die Werbespots
lanciert und finanziert, sollte ja ein Interesse haben, den Erfolg ihrer aufwendigen Kampagne zu messen. Aber die Arbeitsgemeinschaft verweist auf ihre PR-Agentur Hochegger|COM. Dort verweist man auf die Ärztekammer, dort auf den Linzer Kinderarzt Dr. Wolfgang Sedlak, einen Spezialisten aus dem Impfreferat der Kammer. Der freut sich, dass die hohe Impfquote „ein Erfolg des Marketings ist“ und meint, die Zeckenimpfung würde zu diesem Land gehören, „wie Mozartkugeln und Hofreitschule“, nennt aber keine genauen Zahlen und verweist auf die Hersteller der Impfmittel, Baxter und Novartis. Baxter soll mit großem Abstand Marktführer sein, aber dort verweist man auf die eigene PR-Agentur: Hochegger|COM. Plötzlich fällt auf: Die Telefonnummer der Arbeitsgemeinschaft Gesundheitsvorsorge ist identisch mit der des Pharmakonzerns Baxter. Die Adresse deckt sich mit jener der PR-Agentur. Und die Domain http://www.zecken.at wurde von der Baxter registriert.

Auf Plakaten, Foldern und Hompage der ARGE findet sich kein Hinweis auf etwaige Geldgeber, wohl aber bei der PR-Agentur. Die behauptet in einer Fallstudie Arbeitsgemeinschaft und Kampagne würden „von unabhängigen, sozialen Vereinen aus dem Bereich der Gesundheitsvorsorge getragen“. Will man das wissen, gerät die Pressesprecherin in Verlegenheit.
Zunächst möchte sie ihre eigenen Auftraggeber gar nicht kennen, dann fällt ihr die Selbsthilfegruppe der Zeckenopfer ein. Erst nach und nach auch Ärztekammer und Apothekerkammer. Und schließlich auch Baxter. Da schau her. Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie. Oder: Berater, Vertrieb und Hersteller des
österreichischen Impfstoffs FSME Immun.

Aber wieviel Geld fließt in dieses System? Wenn die veröffentlichte Durchimpfrate halbwegs stimmt, kommt man vorsichtig geschätzt auf jährlich 2 Millionen Dosen zu EUR 22,50 bzw. EUR 19,30 für Kinder. Macht einen Markt von midestens 40 Millionen Euro, dazu kommen noch etwa fünf Millionen, die die Ärzte von den Krankenkassen für das Verabreichen der Spritzen kassieren.
Dazu gehört auch die finanzielle Unterstützung der Selbsthilfegruppe für Zeckenopfer. Dort nimmt man das Geld gern, weist es aber nicht aus. „Baxter finanziert Informationsmaterial, aber wir machen keine Werbung für sie und geben keine Logos oder sonst was drauf“, sagt Christine Freund, Geschäftsführerin des Vereins, während sie gerade drei Tage lang mit einem Stand auf der Seniorenmesse Werbung macht.

FSME – ein Österreichischen Phänomen

Die Zeckenimpfungskampagne ist ein rein österreichisches Phänomen, was geschichtliche Gründe hat. In den 1920er Jahren wurde im Krankenhaus Neunkirchen ein neues Krankheitsbild bei Waldarbeitern diagnostiziert. 1956 gelang es zwei österreichischen Ärzten das FSME-Virus erstmals zu isolieren und 1973 entwickelte Professor Kunz vom Institut für Virologie der Universität Wien den Impfstoff FSMEImmun. Drei Jahre später gründete er das Unternehmen Immuno und stellte in Orth/Donau den Impfstoff industriell her. Zunächst wurden nur Forstarbeiter geimpft, aber dieser Markt war zu klein, das Unternehmen nicht abgesichert. 1981fiel daher der Startschuß zur ersten Impfkampagne, nachdem Kunz Vertreter des Gesundheitsministeriums davon überzeugt hatte, dieses Marketing zu finanzieren. Die öffentliche Hand finanzierte diese Werbung bis in die Neunziger Jahre hinein.

Eine Reihe parlamentarischer Anfragen der Opposition zeigte auf, dass mehrere Milliarden Schilling ausgeben wurden, ohne dass Immuno aussagekräftige Studien über die medizinsche Relevanz der Massenimpfungen nachweisen konnte. Erst Ende der Neunziger endete die öffentliche Finanzierung der Werbung und der amerikanische Pharmariese übernahm Immuno.

Wie gefährlich sind Zecken nun aber wirklich?

Wenn man von einem Epidemiegebiet ausgeht, in dem jede tausendste Zecke das Virus trägt, so liegt das Ansteckungsrisiko nach einem Biss also bei sagenhaften 0,03 Prozent. Aber selbst im Fall einer Ansteckung ist die Sache für zwei Drittel der Leute nach ein paar Tagen erledigt, das körpereigene Immunsystem tötet das Virus mit Fieberschüben. Das andere Drittel sind jene armen Menschen, bei denen FSME das Nervensystem angereift. Ein bis zwei
Prozent der Angesteckten sterben, das sind in einem Hochrisikogebiet etwa 0,0003 Prozent der
gebissenen Menschen.

Gerade für Kinder und Jugendliche besteht eine noch geringere Chance, ernsthaft durch FSME zu
erkranken. Ihr Immunsystem ist so stark, dass das Virus im Regelfall keine Chance hat. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut des bundesdeutschen Gesundheitsministeriums sind nach einer FSMEErkrankung „Bleibende neurologische Schäden“ eine Rarität.

Bitte auch noch nachstehenden Link anklicken (interessanter Filmbeitrag):

http://www.youtube.com/watch?v=cM8tvZLSmU4&feature=youtube_gdata_player

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